Alnatura und dm überzeugen durch soziale Verantwortung

Mit dem so genannten „CSR-Tracker“ untersucht das Institut für Handelsforschung neuerdings, wie Unternehmen ihr Engagement in puncto Nachhaltigkeit aus Konsumentensicht gelingt. Bei der Befragung der Verbraucher unterscheidet das Institut sechs relevante Dimensionen von Corporate Social Responsibility (CSR): Aufrichtigkeit in der öffentlichen Information, Fairness im Wettbewerb, Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Kultur, Mitarbeiter-Behandlung und soziale sowie ökologische Werte im Produktangebot. Zu den aktuellen Ergebnissen fünf Fragen an Forschungsleiterin Bettina Willmann.

Frau Willmann, welche Händler bekommen in Ihrer neuesten Erhebung die besten und welche die schlechtesten Noten für Corporate Social Responsibility?

BETTINA WILLMANN: Insgesamt haben wir im Rahmen des CSR-Tracker 3 000 Konsumenten zur Einschätzung von 48 Einzelhändlern in Sache CSR befragt. Als beste Unternehmen wurden der Biolebensmittelhändler Alnatura und die Drogeriemarktkette dm bewertet. Kritisch gesehen werden nach wie vor Schlecker und der Textildiscounter Kik, allerdings konnten sich die beiden im Gegensatz zur letzten Messung im vergangenen Mai auch am stärksten verbessern. Wenn man sich die verschiedenen Sparten in der Handelsbranche anschaut, findet die größte Differenzierung im Lebensmitteleinzelhandel statt. Hier haben die Händler schon unterschiedliche Profile: Bau- und Heimwerker werden grundsätzlich positiv gesehen, liegen aber insgesamt dicht beieinander. Bei Mode und Textil ist C&A der Branchenprimus, womöglich weil er einer der größten Abnehmer von Bio-Baumwolle im deutschen Textilhandel ist.

Nach dem Start im April war das Ihre zweite Messung mit dem CSR-Tracker. Welche Unterschiede fallen auf?

WILLMANN: Auffällig sind eigentlich weniger die Unterschiede, sondern eher die Konstanz. Große Verschiebungen im Ranking gibt es eigentlich nicht. Das weist darauf hin, dass auch ein Thema wie Nachhaltigkeit mittlerweile als fester und konstanter Bestandteil des Markenimage wahrgenommen wird. Nachhaltigkeit scheint genau wie andere Imagebereiche nicht kurzfristig änderbar zu sein. Es gibt allerdings einige Händler, bei denen gezielte Aktionen fruchten – das sind vor allem die, die insgesamt eher kritisch eingestuft werden. Kik und Schlecker haben die größten Steigerungen hingelegt, wenn auch insgesamt nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau. Wenn man sich die Aktivitäten der Händler genau anschaut, ist das nachvollziehbar: Zum Relaunch sowohl von Schlecker als auch von Kik gehört seit dem vergangenen Jahr, dass als Geschäftsführungsressorts die Unternehmenskommunikation, die Qualitätssicherung und das Nachhaltigkeitsmanagement neu aufgenommen wurden. Dies scheint jetzt erste Früchte zu tragen.

Sie fragen sechs Kriterien ab. Welche Aspekte haben im Verbraucherurteil die höchste Relevanz?

WILLMANN: Von größter Relevanz für die Verbraucher sind die faire Behandlung von Mitarbeitern sowie die aufrichtige Information der Öffentlichkeit. Beides sind Kriterien, die die Verbraucher besonders stark treffen und die auch nachvollziehbar sind: Die Mitarbeiter im Handel sieht man jeden Tag und jeder kann sich vorstellen und nachvollziehen, wie wichtig eine faire Mitarbeiterbehandlung im Arbeitsalltag ist. Auch Aufrichtigkeit in der Information spiegelt das gestiegene Verbraucherbedürfnis nach Transparenz wider: Verbraucher von heute wollen als mündig wahrgenommen und behandelt und nicht mit vollmundigen Werbeversprechen getäuscht werden.

In welchen befragten Zielgruppen hat das Thema eine besonders hohe Bedeutung?

WILLMANN: Das kann man kurz und knapp zusammen fassen: Frauen mittleren bis höheren Alters in Westdeutschland mit guten Haushalts-Nettoeinkommen. Frauen sind überwiegend Einkaufsentscheider, daher ist es gut, wenn sie als Zielgruppe angesprochen sind. Das Haushalts-Nettoeinkommen rund um diese Zielgruppe liegt auch etwas über dem Durchschnitt. Dies scheint auch eine Voraussetzung für die Kaufbereitschaft zu sein. Denn es gibt zwar mittlerweile viele günstige und zertifizierte Produkte – sowohl im Discount, als auch im Vollsortiment –, aber zertifizierte Produkte liegen selbst im Discount noch über den Preiseinstiegs-Produkten und sind daher am Ende doch auch eine Frage des Geldes. Der wachsende Markt geht aber auch mit einem Wandel im Konsumverhalten einher und der Bereitschaft, mehr Geld für mehr Qualität auszugeben. Damit verbunden ist künftig vielleicht auch eine Priorisierung beim Einkauf, was konkret bedeutet: Die Verbraucher kaufen lieber weniger, aber dafür Gutes auch im Sinne von Nachhaltigkeit.

Wie stehen die deutschen Händler im internationalen Vergleich da?

WILLMANN: Auch wenn man einen Trend der Verbraucher zu etwas mehr Preisbereitschaft merkt, befinden wir uns in Deutschland noch immer in einem Land mit einer geringen Ausgabebereitschaft für Lebensmittel. Daher gibt es Länder, in denen nachhaltige Produkte schon jetzt stärker etabliert sind. Ich denke da an die Schweiz oder an Länder in Skandinavien. Der Schweizer Händler Coop hat mittlerweile einen Großteil seines Produktportfolios auf Nachhaltigkeit umgestellt und ist damit sehr erfolgreich. In Deutschland gibt es bisher in einer so konsequenten Umsetzung nur Pilotprojekte wie die Vertriebslinie „Temma“ der Rewe Group. Die Läden unter dem Slogan „Alles isst natürlich“ laufen zwar sehr erfolgreich, bedienen aber noch eine sehr spitze Zielgruppe. Im Gegensatz zu Südeuropa ist Deutschland allerdings schon einen ganzen Schritt weiter. In südlichen Nationen wird dem Thema Umwelt und Nachhaltigkeit generell weniger Bedeutung beigemessen, so dass das auch beim Einkaufen noch eine sehr geringere Rolle spielt.

Die Fragen stellte Thorsten Garber.

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