Dann fügte er noch hinzu: „Meine Toppriorität ist es jetzt, dass die Öffentlichkeit über die Fähigkeit von GM weiß, dass wir in der Lage sind, großartige Autos und Pickups bauen zu können.“ (Wichtige Anmerkung dazu: Alleine in den letzten 10 Jahren hat GM rund 36 Milliarden US$ in den USA für Werbung ausgegeben, ohne dass die amerikanische Öffentlichkeit von den GM-Marken überzeugt werden konnte.)
Diese Reaktion ist nicht untypisch. Viele Unternehmen, die heute echte Marketingprobleme haben, drehen zuerst an der Werbeschraube. Frei nach dem Motto: Wenn wir die Gestaltung und den Inhalt unserer Werbung ändern, werden wir auch die Einstellung zu unserer Marke und zu unserem Unternehmen ändern.
Nichts als Wunschdenken! Wie oft haben Sie wirklich die Meinung über eine bekannte Marke aufgrund einer neuen Werbelinie revidiert? Wenn Marketing so einfach wäre, müsste Karstadt nur an der Werbeschraube drehen und schon würden sich wieder die Häuser füllen.
GM hat heute kein Werbeproblem. GM hat ein massives Marketingproblem. Hatte man früher acht unprofilierte Marken (Saturn, Chevrolet, Pontiac, Buick, Cadillac, Saab, Hummer, GMC), so hat man jetzt vier verbleibende unprofilierte Marken, nämlich Chevrolet, Buick, Cadillac und GMC.
Typisches Beispiel dafür ist Chevrolet: So geht die Modellpalette vom 13 000 US$ teuren Aveo über den 25 000 US$ teuren Impala, den 40 000 US$ teuren Suburban bis hin zur 105 000 US$ teuren Corvette ZR 1. Daneben baut man zur Abrundung noch eine volle Produktlinie an Pickups. Chevrolet hat wie alle anderen verbleibenden GM-Marken den Fokus verloren. Man steht für alles und somit für nichts mehr.
Dieses Marketingproblem muss Lutz lösen, bevor man sich an das Werbeproblem heranmacht. Er muss für jede Marke wieder einen klaren Zukunftsfokus definieren, der sich dann im gesamten Erscheinungsbild, von den Produkten bis hin zur Werbung widerspiegelt.
Nur genau davor drücken sich viele Unternehmen in schwierigen Situationen. Statt das Problem an der Wurzel zu packen, dreht man lieber Jahr für Jahr an der Werbeschraube. Wie es scheint, setzen immer noch viele Manager Werbung mit Marketing gleich. Nur ist das leider nicht nur eine Illusion, es ist vor allem ein schwerer Fehler, den in der Regel dann die Unternehmen, die Arbeitnehmer und die Anteilseigner bezahlen (müssen).
Werbung mag vieles sein und können, aber ein Allheilmittel für alle Marketingprobleme ist sie sicher nicht. Dies sollte auch Opel bedenken, die im Vorfeld der IAA gerade wieder nur Logo und Slogan („Wir leben Autos“ statt „Entdecke Opel“) überarbeitet haben. Aus diesem Blickwinkel passen GM und Opel „perfekt“ zusammen.
Über den Autor: Markenstratege Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Marken- und Unternehmenspositionieren in Rohrbach, OÖ, Associate of Ries & Ries und Autor des Buches „Brandtner on Branding“.