Bereits 2005 fand die Beratungsagentur Burrack NB-Advice mittels einer Studie heraus, dass auf Unternehmensseite die Prognose für integriert arbeitende beziehungsweise Fullservice-Agenturen alles andere als positiv war. Auch, wenn dies grundsätzlich klassische Werbeagenturen betrifft, lässt sich diese Einschätzung durchaus auf Agenturen im Segment Online-Marketing beziehen. Denn auch hier tendieren Agenturen immer mehr dazu, Kompetenzen auszuweiten und ihren Kunden inhouse Fullservice-Lösungen anbieten zu wollen – von der Kreation bis zum Roll Out.
Kunden fordern Experten
Und genau das kann fatal sein: Der technische Wandel schreitet schnell voran, der Markt verändert sich ständig. Immer mehr Angebote, immer mehr Optionen sind verfügbar. Können Allrounder derart gut ausgebildet sein, dass sie die bestmögliche Beratung und Leistung in sämtlichen Segmenten garantieren können?
Grenzen wir es ein wenig ein und konzentrieren uns auf zwei Bereiche des Online-Marketings – Branding und Performance: In beiden werden die Anforderungen komplexer und echte Spezialisten, die genau dies verstehen, sind nun mehr denn je gefragt. Hinzu kommt, dass Werbungtreibende heutzutage ob der Anforderungen, Aufgaben und Lösungen im Online-Marketing deutlich besser informiert sind und daran zweifeln, dass Agenturen, die Allround-Lösungen anbieten, in diesem Segment mit Wissen in der nötigen Tiefe überzeugen können. So ansprechend die Erfolgsstory mancher Agenturen sein mag – keine Agentur kann alles. Nochmal: Gleiches gilt für die Vermarkter. Nur wenige Salesmanager können Branding und Performance zusammen erfolgreich vermarkten, zumal Produkttiefe und -vielfalt beständig zunehmen.
Expertenvorteil: transparent und glaubwürdig
Versetzt man sich in die Lage des Auftraggebers, wird schnell klar, dass das Modell „alles aus einer Hand“ meist nur auf den ersten Blick „das Einfachere“ ist. Bei genauerem Hinsehen ist ein Leistungsangebot sehr viel besser nachzuvollziehen, wenn es von echten Spezialisten entwickelt wurde – nämlich von Experten für Performance und Kennern des Branding-Bereichs, die ihr Know-how deutlich kommunizieren können. Gerade in Zeiten, in denen die Materie immer komplexer wird, ist die Trennung der Bereiche essentiell. Denn: Vertrauen wir nicht per se einem Experten deutlich mehr als einem Allrounder, der zwar alle Abläufe in einer Hand hält – aber nur bedingt in den jeweiligen Kompetenzbereich eintauchen kann? Und ist es nicht selbstredend, dass Kunden höchste Effizienz anstreben? Mit einem Spezialisten-Team, das genau weiß, was es tut, ist all dies gewährleistet.
Zum Vergleich: Angenommen, man leidet an einer schweren Krankheit. Würde man zur Behandlung den nächsten Allgemeinmediziner kontaktieren? Oder würde man nicht alles daransetzen, die jeweilige Koryphäe auf dem Gebiet zu finden?
„Unternehmenserfolge sind Konzentrationserfolge“
Wie entscheidend eine Spezialisierung für die Entwicklung sein kann, das zeigt uns schon die Natur. Wir alle wissen: Die Artenvielfalt, die sich über Millionen von Jahren herausgebildet hat, hält letztlich das Ökosystem der Erde im Gleichgewicht.
Und das ist in der Marktwirtschaft nicht anders: Die Strategieberaterin Kerstin Friedrich beleuchtet in ihrem Werk „Erfolgreich durch Spezialisierung“ (Redline Verlag, 2. Auflage, 2007) die Notwendigkeit eben dieser, sowie die daraus entstehenden Chancen. Es gilt, sich auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Auch der international renommierte Management-Experte Prof. Dr. Fredmund Malik stützt diese These. Er sagt: „Alle wirklichen Unternehmenserfolge sind auch Konzentrationserfolge.“ („Allgemeine Betriebswirtschaftslehre: Grundlagen mit zahlreichen Praxisbeispielen“, Thomas Hutzschenreuter, Gabler, 3. Auflage, 2009). Und genau das gilt auch für die Bereiche Branding und Performance: Langfristig können beide Segmente nur dann Erfolg haben, wenn sie getrennt auftreten.
Über den Autor: Arndt Groth ist Präsident des Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) und Mitglied im Beirat der Adconion Media Group.