Aldi investiert milliardenschwer in UK-Markt

Aldi will weiter international expandieren. Der Discounter investiert milliardenschwer, um sich Marktanteile in Großbritannien zu sichern.
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Aldi-UK-Chef Hurley: "Wir haben uns noch nie auf kurzfristige Gewinnmaximierung konzentriert." (© Aldi UK)

Bis Ende 2020 will der Familienkonzern rund eine Milliarde Pfund, umgerechnet rund 1,1 Milliarden Euro, in über 100 neue Filialen und Verteilzentren investieren, wie der Chef von Aldi UK, Giles Hurley, am Montag laut Reuters erklärte. Bis Ende 2025 soll die Zahl der Geschäfte im Vereinigten Königreich von derzeit rund 840 auf 1200 ausgebaut werden. Ein Schwerpunkt der Neueröffnungen soll der Großraum London sein, in der Hauptstadt soll die Zahl von derzeit 45 Märkten bis 2025 auf 100 steigen. Im Zuge der Expansion würden rund 5000 Jobs geschaffen, teilte das Unternehmen mit.

Aldi ist bereits seit 1990 in Großbritannien aktiv, die entsprechende Tochterfirma gehört zu Aldi Süd. Die Nachfrage nach Aldi-Discounterware in UK steigt, 2018 wuchs der Umsatz in Großbritannien und Irland nach Firmenangaben um elf Prozent auf 11,33 Milliarden Pfund (12,8 Milliarden Euro). Allerdings wurden die Geschäfte weniger profitabel, das Vorsteuerergebnis sank den Angaben zufolge um 18 Prozent auf 182,2 Millionen Pfund (206 Millionen Euro). Eine Firmensprecherin begründete dies mit hohen Investitionen und Preisnachlässen, berichtet die Dpa. “Wir haben uns noch nie auf kurzfristige Gewinnmaximierung konzentriert”, wird Aldi-UK-Chef Giles Hurley von Reuters zitiert. Vielmehr liege der Fokus auf Wachstum, Umsatz, Geschäften und Kundenzahlen.

Aldi UK ist mit einem Marktanteil von 8,1 Prozent die Nummer fünf auf der Insel. Zu den größten Wettbewerbern zählen Tesco, Sainsbury’s, Asda und Morrisons

Ungeordneter Brexit: Aldi ist vorbereitet

Für den Fall eines ungeordneten Brexit sieht Hurley Aldi UK besser aufgestellt als seine Wettbewerber. 75 Prozent der Produkte beziehe der Discounter von örtlichen Zulieferern, erklärte er laut Reuters. Waren aus dem Ausland wie etwa Tomaten in Konservendosen oder Olivenöl habe Aldi UK wie seine Rivalen auch gehortet. Hurley wollte aber nicht ausschließen, dass es zu Engpässen bei Frischwaren kommen könne.

Die britische Regierung rechnet im Falle eines Brexit ohne Abkommen mit Lebensmittelknappheit und öffentlichen Unruhen. Vor allem die Handelswege durch den Ärmelkanal würden betroffen sein, hieß es zuletzt. Dadurch würde die Versorgung mit Medikamenten und bestimmter Frischwaren eingeschränkt.

Aldi plant bis zu 100 Geschäfte in China

Neben Großbritannien expandiert Aldi derzeit auch in weiteren internationalen Märkten – unter anderem in China. Vor zwei Jahren tastete sich Aldi Süd zunächst mit einer reinen Online-Präsenz auf der zu Alibaba gehörende Handelsplattform Tmall vor. Kunden können dort auch mit einem Miniprogramm in der in China stark verbreiteten Allzweck-App We Chat im Laden bestellen und bekommen im Umkreis von drei Kilometern sofort geliefert. Mittelfristig sollen in China nach unbestätigten Berichten zehn Filialen aufgebaut werden – langfristig sogar 50 bis 100.

Im Geschäft kann der Kunde ebenfalls mit We Chat oder Ali-Pay auf dem Handy mobil bezahlen oder auch selbst Waren scannen, ohne lange an der Kasse stehen zu müssen. Zudem setzt Aldi in China auf ein besonderes Angebot: Keine Billigware, sondern ausgesuchte, höherwertigere Produkte sollen verkauft werden. Die Qualität soll garantiert werden, da der chinesische Kunde schon so manchen Lebensmittelskandal erlebt hat. Hochwertige Importwaren wie Rindfleisch und Milch aus Australien, Wein aus Bordeaux, Bioprodukte oder auch trendiges Craftbeer aus dem nahe gelegenen Hangzhou sind so in den ersten Shanghaier Märkten zu finden.

Aldi Nord: Transformation kostet über fünf Milliarden Euro

In Deutschland befindet sich derzeit vor allem Aldi Nord in einer grundlegenden Transformation. Im Juli 2017 verkündete der Konzern den Start des größten Umbauprogramms der Unternehmensgeschichte unter dem Namen “Aldi Nord Instore Konzept”, kurz: “Aniko”. “Aniko ist eine der bedeutendsten unternehmerischen Entscheidungen in der Geschichte von Aldi Nord”, sagte der ansonsten in der Öffentlichkeit zurückhaltende Theo Albrecht junior angesichts der Dimensionen der Transformation.

Beim Projekt “Aniko” sollen die rund 2300 Aldi-Nord-Filialen in Deutschland umgebaut werden. Die Läden sollen unter anderem durch breitere Gänge und mithilfe eines neuen Lichtkonzepts freundlicher gestaltet werden. Zudem werden im Rahmen von “Aniko” die Verkaufsflächen für frische Waren wie Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch und Backwaren sowie Bio-Produkten und Convenience-Artikeln nach eigenen Angaben “deutlich ausgebaut”. Die Sortimente sollen demnach von im Schnitt rund 600 Produkten auf etwa 1500 Artikel aufgestockt werden.

Die Investitionen für den Unternehmensumbau von Aldi Nord liegen bei über fünf Milliarden Euro.

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.