So ein Pitch bietet dem Ausrichter einiges: Er erhält im Prinzip eine tolle Show – und das gleich mehrmals. Es werden ihm viele neue für ihn hoch relevante Ideen präsentiert und er lernt auf Agenturseite viele interessante Menschen kennen. Sehr verlockend! Kann man ja mal machen. Kostet ja nichts.
Der Pitch ist ein Preisausschreiben
Doch aufgepasst! Viele Unternehmen berücksichtigen bisher nicht hinreichend die Tatsache, dass auch ein Agentur-Auswahlprozess – beziehungsweise ein Pitch – nicht im rechtsfreien Raum stattfindet. Der potentielle Auftraggeber hat vielmehr auch hier aus juristischer Sicht einiges zu beachten, wobei die Rechtslage hier auf Agentur- wie auf Kundenseite bisher wenig bekannt sein dürfte.
Schauen wir also mal ins Gesetz: Ein Pitch oder eine Ausschreibung ist eine Wettbewerbspräsentation oder ein Auftragsvergabeverfahren. Rechtlich gesehen zählt das als Preisausschreiben (geregelt in § 661 BGB) und stellt einen Spezialfall der Auslobung (§ 657 BGB) dar. Der Auftraggeber, der mehrere Agenturen zum Pitch einlädt, gibt aus juristischer Sicht ein sogenanntes bindendes Versprechen ab. Denn er verpflichtet sich damit, die ausgelobte Belohnung (Auftrag) dem Pitch-Gewinner zu entrichten. Rein rechtlich betrachtet muss der Veranstalter eines Agentur-Pitches mindestens am Ende sehr gut begründen, warum er keiner Agentur den Auftrag gibt.
Entwürfe und Konzepte sind Geschäftsgeheimnisse
Bei der Ausschreibung bewerben sich Agenturen um den Preis der Auftragsvergabe. Der Auftraggeber entscheidet dann über die Preisvergabe. Mit der Zuerkennung des „Preises“ an den Gewinner entsteht möglicherweise ein für Agenturen einklagbarer Anspruch auf die Belohnung.
Wenn sich der Auftraggeber später neu entscheidet und mit dem Pitch-Gewinner weder Vertragsverhandlungen aufnimmt noch den ausgelobten Vertrag schließt, macht er sich ihm gegenüber im Extremfall schadensersatzpflichtig (vor allem dann, wenn kein Pitch-Honorar gezahlt wurde).
Lobt das Unternehmen einen Pitch aus mit dem Ergebnis, dass am Ende kein Teilnehmer den Auftrag erhält, sondern die präsentierten Ideen im Unternehmen selbst umgesetzt werden, begibt es sich juristisch damit auf noch dünneres Eis.
Ideen als solche nicht urheberschutzfähig
Durch die bloße Teilnahme an einem Pitch – ob mit Vergütung oder ohne – verzichten Agenturen nicht auf die Rechte an den Vorlagen. Allerdings sind bloße Ideen wie Werbe- und Kommunikationsdienstleistungen (erarbeitete Ideen, Entwürfe, Konzepte und so weiter) als solche nicht urheberschutzfähig. Dennoch hat die widerrechtliche Verwendung von Vorlagen rechtliche Folgen.
Seit Ende April 2019 gilt das „Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen“, das den Schutz von vertraulichem Know-how und Geschäftsinformationen gesetzlich regelt. Demnach hängt der Schutz im Detail davon ab, welche Vertraulichkeitsregelungen die teilnehmenden Agenturen getroffen haben. So stellt beispielsweise ein ausdrücklicher Vertraulichkeitshinweis in den Präsentationsunterlagen explizit klar, dass die präsentierten Entwürfe ausschließlich der Pitch-Präsentation dienen und jede andere Verwendung ohne ausdrückliche Zustimmung der Agentur untersagt ist.
Eine Frage der Compliance
Das hier Gesagte soll keine Anklage sein im Sinne „bei Pitches wird systematisch Rechtsbruch begangen“. So ist es auch nicht. Es soll vielmehr als Hinweis auf Regelungen verstanden werden, die häufig nicht bekannt sind. Abseits konkreter rechtlicher Regelungen fallen faire Auswahlprozesse aber auch in die Thematik „gute Unternehmensführung“ beziehungsweise Compliance.
Faire Pitch-Prozesse umzusetzen, die Agenturen für ihre Aufwände bei Pitch-Präsentationen zu entlohnen und die dort präsentierten Ideen zu schützen liegt somit im Interesse der Auftraggeber selbst – und das nicht nur aus Gründen des Images und der Reputation.
Mehr Informationen, Tipps und Checklisten zur Suche nach dem richtigen Agenturpartner.