Mit Elektroautos ist es wie mit Windrädern: „Viele finden die Idee irgendwie toll – aber kaum jemand möchte sie vor der eigenen Haustüre stehen haben“, sagt Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG. Neben Bernhard Mattes, Deutschland-Chef von Ford, Thomas Hausch, Nissans Geschäftsführer für Zentraleuropa, und BWM-China-Chef Karsten Engel gehörte der schnauzbärtige Star unter den deutschen Automanagern zu der illustren Runde, die sich zum Elektroauto-Gipfel im Hörsaal der Universität Duisburg-Essen (UDE) eingefunden hatte. Eingeladen hatte Professor Dr. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des UDE-Centers Automotive Research, um mit der Prominenz über Elektromobilität zu diskutieren. Die Frage: „Was müssen wir in Deutschland tun, um den Anschluss nicht zu verlieren?“
Geld zählt, nicht das Gewissen
„Eine Millionen Elektroautos möchte die Bundesregierung bis Ende 2020 auf Deutschlands Straßen sehen“, sagt Zetsche: „Um das Ziel zu erreichen, fehlen heute noch 976.000 Fahrzeuge“, fügt er lakonisch hinzu. Noch kein Hersteller verdient in Deutschland mit E-Autos Geld. Für Zetsche und seine Auto-Kollegen ist ein Durchbruch nur mit einer extrem verbesserten Stromtankstellen-Infrastruktur und finanziellen Anreizen für die Autokäufer möglich. „Auch beim E-Auto ist nämlich nicht das Gewissen das größte Kaufargument, sondern das Geld“, meint Zetsche. Nissan-Manager Hausch betont: „Den ersten Schritt haben die Automobilhersteller getan, jetzt ist der Staat am Zug.“ Vorstellbar wären Kaufprämien und Steuererleichterung, aber auch Sonderabschreibungen für Flottenbetreiber.
Autofahrer-Soli für die E-Mobilität?
Autoexperte Dudenhöffer präsentiert hingegen ein Anschub-Modell, an dem die Autofahrer beteiligt sind: Drei Jahre lang sollen sie einen Cent zusätzlich zahlen, wenn sie einen Liter Benzin oder Diesel tanken. Mit den zu erwartenden Einnahmen in Höhe von fast zwei Milliarden Euro könnten der Ausbau der Ladeinfrastruktur in den 60 größten deutschen Städten, eine 4.000-Euro-Prämie für den Kauf von Elektrofahrzeugen und ein breites Car-Sharing-Angebot von Elektroautos in den großen Städten finanziert werden. Die jährliche zusätzliche Belastung pro Fahrzeug würde laut Dudenhöffer bei durchschnittlich 12,30 Euro liegen.
Mehr PR und Marketing für E-Autos notwendig
Ein weiteres Problem, das den Erfolg des E-Autos bremst, sind Vorurteile, die Ford-Chef Mattes beschreibt: „Für die meisten Kunden ist die mittlerweile sehr ausgereifte Technik neu. Sie trauen ihr noch nicht so ganz. Auch die zurzeit fehlende Infrastruktur für die Ladestationen verunsichert potenzielle Käufer.“ Es gehe deswegen darum, Ängste abzubauen. „Wir müssen sicherlich noch weitere Ressourcen für PR und Marketing einsetzen, um für das Elektroauto mehr Vertrauen zu schaffen“, meint auch Daimler-Chef Zetsche. Eine gute Werbung seien mittlerweile die vielen Car-Sharing-Angebote von Elektroautos in den großen Städten. Gemeint sind Modelle wie der Smart ed, VW e-UP oder der Renault Twizy, die Elektroauto-Mittelklasse wie Ampera, VW e-Golf, Nissan Leaf und BMW i3 oder Luxus-Stromer wie Tesla und BMW i8.
Die für E-Autofahrer zurzeit wohl attraktivste Aktion bietet Nissan mit „Freistrom für alle!“: Fahrer des Modells „Leaf“ dürfen das erste Jahr lang kostenlos in Deutschland bei allen Nissan-Händlern Strom laden. Aber auch Fahrer markenfremder Modelle dürfen bei Nissan die Steckdose nutzen. Begeistert von seinem Projekt, nutzte Hausch in Duisburg gleich die Gelegenheit, seine Kollegen samt ihres Händlernetzes zum Mitmachen aufzurufen: „Dann hätten wir das Problem mit den Ladestationen zumindest vorläufig gelöst.“