Derzeit wird seitens des Gerichts versucht, einen geeigneten Termin zu finden. Möglich scheint auch eine Aussage per Videokonferenz. Bereits einige andere Zeugen hatten auf diesem Wege ausgesagt. Der Mitangeklagte David Linn hatte zuletzt ausgesagt, dass ihm Aleksander Ruzicka im Jahr 2002 gesagt habe, er habe von Douglas Flynn freie Hand beim Erreichen der Gewinnvorgaben aus dem Londoner Headquarter der Mediaagentur.
Dazu soll auch das Erschliessen neuer Erlösquellen, wie dem Kapitalisieren von Freispots gehört haben. Im November 2003 soll es ein Gespräch zwischen Flynn, Ruzicka und Linn darüber gegeben haben. Der Geschäftsführer der Barterfirma Emerson FF, Joachim Lüdeke, hatte zudem als Zeuge bereits im Januar ausgesagt, dass er im Jahr 2003 bei Douglas Flynn ein solches Bartersystem präsentiert hätte.
Er habe ein jährliches Budget von 250 000 Euro für den europaweiten Aufbau eines Barternetzwerkes erhalten und danach bei Aegis Media in den meisten europäischen Ländern sein System vorgestellt. Vor diesem Hintergrund sieht offenbar auch das Gericht Bedarf an einer Aussage von Douglas Flynn. Flynn hatte Aegis plc. Anfang 2005 verlassen. Wenige Monate später wurde Ruzicka vom eigenen Unternehmen angezeigt.
Ebenfalls im Jahr 2005 soll es zwischen Aleksander Ruzicka und Jerry Buhlmann zu einem Machtkampf um den Posten des Global CEO von Aegis Media gekommen sein. Buhlmann hat diesen Posten nach dem plötzlichen Abgang von Mainardo de Nardis seit Jahresmitte inne. Ruzicka sitzt seit fast zwei Jahren in Untersuchungshaft.
Wie Andreas Bölte, CEO der Mediaagentur in Zentraleuropa, aussagte, habe er auch Buhlmann erst zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchungen bei Aegis Media im September 2006 über die angeblichen Untreuehandlungen von Ruzicka informiert. Dass die Ermittlungen auf eine hauseigene Anzeige gegen Ruzicka zurückgingen, an der Bölte massgeblich mitwirkte, will er Buhlmann erst ein weiteres Jahr später, im Herbst 2007 mitgeteilt haben. Zum Zeitpunkt als die Anklage gegen Ruzicka vorlag.
Am gestrigen Verhandlungstag sagte ein Architekt aus, der für Ruzicka diverse Immobilien in Wiesbaden und Südafrika errichtet hat. Ruzicka habe ihm gegenüber behauptet, dass dies seine Immobilien seien. Ruzicka hatte das seit Beginn der Affäre anders dargestellt. Überraschend: seine Villa in Wiesbaden wurde bereits im Jahr 2001 fertig gestellt. Ein Jahr bevor die angebliche Scheinfirma Camaco gegründet wurde und zwei Jahre bevor die Barterdeals mit Emerson FF begannen.
Beide Verhandlungstermine in der kommenden Woche sind abgesagt. Der Prozess ist bis zum 8.September unterbrochen. Dann soll auch der ehemalige Finanzchef für Zentraleuropa von Aegis Media, Hans-Henning Ihlefeld, vernommen werden. Er soll massgeblichen Anteil am Inhalt der Strafanzeige gegen Ruzicka haben, die eine detailreiche Schilderung der vermeintlichen Untreuehandlungen enthält. mz