Von Johannes Steger
Die Olympischen Sommerspiele 2012 sind seit vorgestern vorüber. In London herrscht Olympia-Exodus, die Welt reist wieder ab. Während einige Nationen einen prall gefüllten Medaillenkoffer mit nach Hause nehmen, reisen andere mit dem bitteren Geschmack der Niederlage ab. Grund zur Freude – und das ganz ohne Medaillen – haben Adidas, Nike und Puma. Für sie waren die Olympischen Sommerspiele aus Werbesicht ein voller Erfolg. Nicht nur auf dem Feld durch die Ausstattung der Athleten, auch abseits von Laufbahn, Tennisplatz und Schwimmbecken haben sie mit ausgefallenen Marketingaktionen die Aufmerksamkeit der Verbraucher gewonnen. Nike und Puma profitierten vom Medienrummel der Spiele sogar ganz ohne Sponsoren-Vertrag. Den offiziellen Olympia-Partner Adidas dürften die aufmerksamkeitsstarken Werbeaktionen seiner größten Konkurrenten ärgern. Die Franken mussten rund 62 Millionen Euro für ihr Privileg bezahlen.
Adidas auf allen Kanälen präsent
Trotz der harten Konkurrenz hatte Adidas einen entscheidenden Vorteil: Durch den Status als Olympia-Partner stellte das Unternehmen aus Herzogenaurach die komplette Bekleidung der rund 80.000 Helfer des Organisationskomitees. Während großflächige Werbung bei den Olympischen Spielen verboten ist, war die Marke mit den drei Streifen dennoch ständig während der Fernsehübertragung im Bild präsent. Auch bei der Teamausstattung mischte das Unternehmen kräftig mit. So kämpften deutsche und französische Athleten in Adidas-Sportbekleidung um die begehrten Medaillen.
Für das Team der Gastgebernation Großbritannien ließ sich Adidas zudem etwas ganz Besonderes einfallen: Das Design der Trikots, Shorts und Suits kreierte Stella McCartney. Die international erfolgreiche Modeschöpferin ist Kreativdirektorin im Hause Adidas. Zusätzlich lancierte Adidas das Video „Take the Stage“. Darin inszeniert sich die Marke nicht nur sportlich, sondern greift auch das Image des hippen Lifestyle-Konzerns wieder auf.
Nikes Geniestreich im Ambush-Marketing
Keine Olympischen Spiele ohne Sportartikel-Weltmarktführer Nike. Das US-Unternehmen trat zwar nicht als offizieller Sponsor der Olympischen Sommerspiele 2012 auf, stattete aber die Teams der USA, Chinas und Russlands aus. Zudem gilt Nike als Profi in Sachen Ambush Marketing und nutzte bereits die mediale Aufmerksamkeit vergangener Olympischer Spiele für seine Marketingaktivitäten, ohne selbst Sponsor zu sein. Mit der Kampagne „Find your Greatness“ holte sich der Sportartikelgigant auch diesmal wieder sein Stück vom Olympia-Kuchen. Und das ist üppig. „Größe ist nicht für einige wenige reserviert und jeder kann es schaffen“ – so die Aussage der Videokampagne, in deren Fokus keine durchtrainierten Olympioniken stehen, sondern Durchschnittssportler. Zu sehen sind etwa ein kleiner Junge auf einem Sprungbrett, eine stolze Marathonläuferin und ein Gewichtheber in einem herunter gekommenen Fitnessstudio.
Die Marke mit dem weltbekannten Swoosh-Symbol setzte im Rahmen ihrer Marketingaktionen zu den Olympischen Sommerspielen 2012 auf sympathischen Durchschnitt, sprach damit die Masse der Zuschauer an und ließ das Hochglanz-Olympia der Konkurrenz fast elitär und künstlich wirken.
Unternehmen, die nicht offizielle Sponsoren der Olympischen Spiele sind, unterliegen strikten Werbebeschränkungen und dürfen Begriffe, die eng mit dem Großereignis in Verbindung stehen, nicht verwenden. Nike gelang an dieser Stelle ein Geniestreich im Ambush-Marketing. Denn der Sportartikler schaffte es, in seiner Kampagne über die Olympischen Sommerspiele zu reden, ohne sie auch nur mit einem einzigen Wort beim Namen zu nennen. So wählte Nike als Schauplätze geschickterweise Städte und Orte, die den gleichen Namen wie die britische Hauptstadt tragen, darunter London in Ohio und Little London auf Jamaica. Der Name „London“ wird immer wieder eingeblendet. Die treffende Aussage hinter dem Spot: „Größe ist an keinen Ort gebunden“.
Mit weiteren „Find your Greatness“-Videos zu den verschiedenen olympischen Disziplinen führt das US-Unternehmen die Idee der Olymischen Spiel für Jedermann weiter aus. Das virale Jogging-Video mit dem übergewichtigen Läufer Nathan Sorrell schaffte es bereits bei Youtube an die Spitze.
Puma mit Sprinterkönig Bolt am Start
Pumas Werbeerfolg im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 2012 beruht auf einem Mann: Usain Bolt (s. Bild), charismatischer Star des jamaikanischen Teams, das von Puma ausgestattet wurde. Die Wahl des Testimonials erwies sich als cleverer Schachzug, denn der Weltrekordhalter holte auch bei den vergangenen Spielen wieder Gold. Der Glanz färbte auch auf Puma ab: Bei der anschließenden Bolt-typischen Siegesfeier hielt der jamaikanische Sportler seine goldenen Puma-Schuhe triumphierend vor die Kamera. Den neuen Rekord feiert Puma gebührend auf Youtube.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel
Obwohl inzwischen alle Medaillen verteilt sind, bleibt es für die drei Sportartikelgiganten weiterhin spannend. Denn nach dem Spiel ist bekanntermaßen vor dem Spiel. So wird die nächste Werbewahrnehmungserhebung der Innofact AG Anfang September Aufschluss darüber geben, welche der Werbeaktionen im August wirklich Gold wert sind. Außerdem wird sich dann zeigen, ob es sich bei der Olympia-Partnerschaft von Adidas wirklich um ein Privileg verbunden mit einer größeren Wahrnehmungsstärke gehandelt hat, oder ob nicht die clevere „Find your Greatness“-Kampagne von Nike viel mehr Eindruck bei den Verbrauchern hinterlassen hat.