Von Gastutor Patrick Edlefsen, Managing Director Sizmek
Fraud geht uns alle an. Das Aufkommen von Bot Traffic, Website Spoofing, Zero Ads oder Ghost Sites nimmt kontinuierlich zu und verursacht bei Werbekunden mehrere Millionen Euro Schaden pro Jahr. Fraud aber ist nicht das einzige Problem. Millionen von Euro verliert die Werbewirtschaft zudem durch Werbung, die nicht dort ankommt, wo sie soll – so genannte „wasted ads“, verschwendete Werbung. Dies ist der Fall, wenn Anzeigen im nicht sichtbaren Bereich oder an die falsche Zielgruppe ausgeliefert werden.
Werbetreibende müssen Impression Filtering fordern
Um eine erfolgreiche Gegenstrategie entwickeln zu können, müssen zunächst die verschiedenen Formen von Fraud und Wasted Delivery unterschieden werden. Fraud ist ein globales Phänomen, deren Ausprägung und Erscheinung sich täglich ändern kann. Im Jahr 2015 haben wir pro Tag zwischen 60 und 70 Milliarden Impressions untersucht, dabei ermittelten wir weltweit einen Anteil von zehn Prozent aller Impressions, die nach unserer Definition betrügerisch sind. Der größte Anteil davon ist Bot-Traffic, der nach unserer Recherche den meisten Schaden verursacht.
Fraud kann technisch bekämpft werden. Notwendig ist hierfür ein statistischer Algorithmus, der Datenverkehrsmuster (Traffic Patterns) von Websites analysiert und solche mit besonders auffälligem Traffic identifiziert und markiert. Die Analyse bezieht zudem Informationen über das Site-Volumen, die Seitenstruktur und Qualität des Inhaltes mit ein. Hierbei werden zwei Methoden unterschieden: IAB Filtering (IAB Bots und Spider List) und das Behavioral Monitoring, bei dem sowohl Werbemittel als auch Kampagnen untersucht werden. Hinweise, ob ein Technologiedienstleister hierbei die Standards einhält, wird über die von TRUSTe vergebene EDAA Trust Seal Akkreditierung sichergestellt. Der Einsatz von Impression Filtering, um Bot Traffic zu vermeiden, sollte daher von Werbetreibenden gefordert werden. Die Klassifikation von Ghost Sites (Webseiten, die nicht mehr gepflegt werden, jedoch noch erreichbar sind) hilft, eine Auslieferung von Werbemitteln auf diesen Seiten zu umgehen.
Verschwendete Anzeigen gibt es nicht nur im programmatischen Handel
Um Online-Werbung effizienter zu gestalten, geht auch in Deutschland der Trend in Richtung Programmatic Buying. Die Kriterien, nach denen die Auslieferung erfolgt, werden zwar von den Auftraggebern definiert, aufgrund der Automatisierung ist allerdings auch die Auslieferung von Werbemitteln auf Ghost-Sites, also auf Seiten, die von den Autoren nicht mehr gepflegt werden, aber weiterhin erreichbar bleiben, möglich. Wasted Ads sind aber nicht nur auf Umfelder beschränkt, die programmatisch eingekauft werden, sie sind auch ein Problem, das den klassischen Impression-Handel betrifft.
Notwendig sind daher Verification- und Viewability-Lösungen. Sie unterstützten nachweislich den Kampagnenerfolg und stellen sicher, dass die Werbemittel auch nur auf den Seiten ausgeliefert werden, die den Vorgaben für Brand Safety entsprechen. Viewability-Lösungen garantieren darüberhinaus die Auslieferung des Werbemittels im sichtbaren Bereich. Für die Messung der Viewability Rate sollte die vom Media Rating Council in Kooperation mit dem IAB entwickelte Kennzahl „Viewable Ad Impression“ und die Kennzahl „Viewable Video Ad Impression“ herangezogen werden, die von zertifizierten Dienstleistern eingesetzt werden.
Vorsicht bei Mehrfachansprache über mobile Endgeräte
Durch den Einsatz von HLS (HTTP Live Streaming) wird die Öffnungs- und Durchsichtsraten von Videos aufgrund verbesserter Pufferungszeiten gesteigert, insbesondere bei instabiler Bandbreite auf mobilen Geräten. Voraussetzung ist VPAID, ein internationaler Standard für Videoauslieferung. Der Vorteil ist eine nachweisliche Effizienzsteigerung, da nur ein Werbemittel für alle Player, die VPAID unterstützen, verwendet werden muss. Zudem zählen die Qualitätssteigerung und ein geringerer Abstimmungsaufwand zu den Vorteilen.
Mit dem neuen Format HTML5 wird zudem jede Kampagne auch auf mobilen Devices sichtbar. Weltweit basieren bereits 80 Prozent aller Werbemittel auf dem HTML5-Format (Deutschland 87 Prozent / Auswertung Dezember 2015). Dabei muss beachtet werden, dass eine Mehrfachansprache von Zielgruppen besonders auf mobilen Devices kontraproduktiv wirkt. Die Investition in den Einsatz von „Frequency Capping“, um Verbraucher nicht mit dem gleichen Werbemittel zu belästigen oder eine ausgeklügelte Storytelling-Strategie, bei der zum Beispiel mit Vignetten-Spots unterschiedliche Videos nacheinander gezeigt werden können, zahlt sich aus.
Last but not least: Attributionslösungen unterstützen die Erkennung, wie, wann und wo ein Verbraucher mit Werbung in Verbindung kommt. Der Einsatz von fortschrittlichen Attributionslösungen wie die der Spieltheorie (Games-Theory) ermöglicht es darüber hinaus, über alle Kanäle hinweg den Marketingeinsatz und damit auch die Kontaktfläche zum Nutzer zu optimieren.
Über den Autor: Patrick Edlefsen ist Managing Director DACH von Sizmek, ein Open Ad Management-Plattformanbieter für Multichannel-Kampagnen. Das Unternehmen verbindet Advertiser, Mediaagenturen, Publisher und Trading Desks weltweit mit ihrem Zielpublikum.