Grundlage sind rund 4000 Spots aller Branchen, Formate und Formen aus dem deutschen Radio. Dabei kamen zwei Instrumente der Werbemittelforschung zum Einsatz: Die von AS&S Radio entwickelte Spot-Analyse Radio (SARA) basiert auf Telefonbefragungen von Hörern, die Kontakt mit einer aktuell ausgestrahlten Kampagne hatten. Im Interview werden einzelne Motive vorgespielt und Fragen zu Erinnerung und Bewertung gestellt. Dem von RMS eingesetzten IMAS PsychoMeter liegen Studiotests zugrunde, in denen Werbeblöcke vorgespielt und die Teilnehmer ebenfalls zu Erinnerung und Bewertung der Spots befragt werden. Um verallgemeinerbare Erkenntnisse zu gewinnen, analysierten AS&S Radio und RMS die getesteten Spots nach einem systematischen Raster hinsichtlich der verwendeten Gestaltungsmerkmale sowie formaler Kriterien wie Spotlänge oder Branche. Somit kann der Einfluss jedes Stilmittels wie Musik, Humor, Storytelling oder Dialekt/Akzent auf den Werbeerfolg bestimmt werden.
Im Rahmen des Radio Advertising Summits haben die Vermarkter nun das Ergebnis präsentiert: Acht goldene Regeln, mit denen Radiowerbung wirkt.
1. Emotionalität ist Trumpf
Emotionale Spots erzeugen mehr Aufmerksamkeit und mehr inhaltliche Wirkung als rationale. Wieso, und wie das gelingt, erklärt Radio-Experte Philip Meas im Interview mit absatzwirtschaft. Hier bestätigt sich außerdem ein altes Klischee: Bei Frauen wirkt Emotionalität sogar noch stärker als bei Männern.
2. Humor hilft
Humor ist aufgrund seiner guten Impact- und Resonanz-Werte das dramaturgische Mittel, das am häufigsten zum Einsatz kommt. Trifft der Witz ins Schwarze, sind hohe Aufmerksamkeit und große Sympathie garantiert. Allerdings ist der Einsatz von Humor stets eine Gratwanderung, denn er ist Geschmacksache.
3. Musik schafft Aufmerksamkeit
Wenig überraschend kann Musik die emotionale Ansprache gut unterstützen. So erzeugen bekannte Musik, gesungene Spots oder durchgetextete Musik bei den Hörern eine höhere Aufmerksamkeit. Auch Musik im Hintergrund und instrumentale Musik verbessern oft die Resonanz. Allerdings sollte sowohl die Auswahl als auch der Einsatz musikalischer Elemente sorgfältig erfolgen, um nicht vom Inhalt des Spots abzulenken.
4. Wer leise ist, wird besser gehört
Radiowerbung wird gelegentlich als zu laut oder marktschreierisch kritisiert. Zu unrecht, wie ein Blick auf die Auswertung von AS&S Radio und RMS zeigt: Die große Mehrheit der Radiospots setzt auf eine normale, ruhige Tonalität. Mit Erfolg, denn laute Spots erzielen sowohl hinsichtlich ihres Impacts als auch hinsichtlich ihrer Resonanz eine klar unterdurchschnittliche Wirkung. Es gilt also wie im richtigen Leben die Regel: Schrei mich nicht an!
5. Storytelling schreibt Erfolgsgeschichten
Werden in einem Spot nicht einfach Fakten aneinandergereiht, sondern wird eine Geschichten erzählt, so erhöht sich nicht nur der Unterhaltungswert, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass die beworbenen Informationen wahrgenommen werden. Zentrale Voraussetzung: Die Story muss zur Produkt- und Markenwelt passen. Ist dies nicht der Fall, wird der Hörer fehlgeleitet: Er erinnert sich zwar an die Geschichte, nicht aber an die beworbene Marke oder Produktkategorie.
6. Sprachliche Besonderheiten erhöhen die Aufmerksamkeit
Dialekte sind als stilistische Elemente vergleichsweise selten, denn sie werden höchst unterschiedlich wahrgenommen. Bundesweit rangieren Bayrisch und Norddeutsch an der Spitze der Beliebtheitsskala. Sächsisch oder Badisch hingegen erfreuen sich lediglich in ihren Heimatregionen großer Beliebtheit. Werden sie dort eingesetzt, erfahren sie entsprechend überdurchschnittlich positive Bewertungen. Ein Vorteil, den sich Radiowerbung durch ihre regionale Aussteuerbarkeit zunutze machen kann.
Doch auch bundesweit können Spots punkten, die gezielt mit Dialekten oder ausländischen Akzenten arbeiten, denn sie erzeugen mehr Aufmerksamkeit und Sympathie als dialekt- und akzentfreie Motive. Der Grund: Die sprachliche Besonderheit transportiert indirekt Bilder zum Produkt oder zur Marke. Die Vorstellung der frischen Bergmilch wird beispielsweise dann besonders gut unterstützt, wenn der Spot auf bayrisch gesprochen wird.
7. Gute Geschichten erzeugen Bilder – und brauchen Zeit
Die Wirkkraft der meisten untersuchten Stilmittel beruht darauf, dass sie beim Hörer Bilder erzeugen: Seien es Bilder aus der visuellen Werbung, die durch Radiowerbung aktualisiert werden (Visual Transfer) oder individuelle Bilder, die in den Köpfen der Hörer entstehen (Visual Creation). Allerdings gilt: Es braucht Zeit, um wirkungsvolle Bilder entstehen zu lassen. Das bestätigen auch die Analysen: Radiospots ab einer Länge von mehr als 20 Sekunden werden von den Hörern deutlich positiver wahrgenommen als kürzere Spots.
8. Kenne das Medium – und nutze seine Stärken
Jeder Medienkanal hat spezifische Eigenschaften, die auch bei der Gestaltung des Werbemittels berücksichtigt werden müssen. Bei der Entwicklung eines Radiospots ist es daher nicht nur entscheidend, sich mit Marke, Produkt, Zielgruppe oder Kampagnenziel auseinander zu setzen – sondern auch die Frage zu klären, wie, wo und wann Radio genutzt wird und welche spezifischen Wirkmechanismen es bietet. Nur mit diesen Kenntnissen lassen sich „Golden Rules“ gezielt einsetzen und Radiowerbung schaffen, die erfolgreich wirkt und im Gedächtnis bleibt.