Im boomenden Online-Handel wächst der Anteil der „Mompreneure“ und mit ihm auch das Umsatzvolumen. Das zeigt eine von eBay beauftragte Untersuchung des Research- und Analyse-Dienstleisters Statista. Gemäß der aktuellen Studie steigen allein diese Erlöse in diesem Jahr um 6,1 Prozent auf 505 Millionen Euro.
In den USA ist der Begriff „Mompreneur“, eine Wortschöpfung aus Mom (engl. für Mutter) und Entrepreneur, bereits gut bekannt, mit dem anhaltenden wirtschaftlichen Erfolg der selbständigen Mütter hält er nun auch immer mehr in Deutschland Einzug. Denn mehr als jede dritte selbständige Frau hat heute Kinder. Aktuell sind fast eine halbe Million Mütter (461.000) mit noch minderjährigen Kindern selbständig tätig. Esther Eisenhardt, Gründerin des Netzwerks „MomPreneurs“, betont: „Mütter sind in der Arbeitswelt eine Ressource, die extrem unterschätzt wird.“ Die mit Abstand beliebteste Branche der „Mompreneure“ ist den Statistikern zufolge das Gesundheits- und Sozialwesen.
Erfolgreiche Mütter, erfolgreiche Geschäftsfrauen
Karrieretechnisch bedeutet die Schwangerschaft für viele Frauen eine Zäsur. Wenn sie als Mütter in den Beruf zurückkehren, geraten manche in eine Sackgasse: Die Aufgaben haben sich verändert, das Arbeitsumfeld hat wenig Verständnis für den Organisationsaufwand in der Kinderbetreuung und die notwendige Flexibilität in den Arbeitszeiten. Viele Mütter wird die „Notlösung“ Selbständigkeit daher zur verheißungsvollen Alternative.
Im Einzelhandel, mit insgesamt voraussichtlich 474 Milliarden Euro Umsatz auch 2016 Schwungrad der deutschen Wirtschaft, machen sich weiter viele Mütter selbständig, hier wächst insbesondere der E-Commerce-Anteil zusehends. Aktuell gibt es rund 5.200 „Mompreneure“ im Online-Handel, bei vielen von ihnen steckt auch die Businessidee noch in den Kinderschuhen, aber sie bringen es immerhin schon auf einen durchschnittlichen Pro-Kopf-Umsatz von 97.141 Euro im Jahr.
Mompreneur-Erfolgsstorys
Annedore Linder
anndora steht für den Online-Handel mit Artikeln aus dem Bereich Haus, Garten und Freizeit. Inhaberin Annedore Linder aus Halle an der Saale machte mit ihrem eBay Shop vor Jahren aus der Not eine Tugend: Als studierte Landwirtin ohne Berufserfahrung und Mutter fiel der Berufseinstieg schwer. Heute ist der „Baumarkt ohne Baustoffe“, wie sie ihr Geschäftsmodell nennt, eine Erfolgsgeschichte, die lange nicht zu Ende erzählt ist. „1999 habe ich als Privatverkäuferin noch gebrauchte Babykleidung über eBay verkauft, heute beschäftige ich 19 Mitarbeiter bei anndora. Dazu kommen noch ein 5.000 m²-großes Lager für unser Sortiment und knapp 400 m² Bürofläche.“ Damit betreibt Annedore Linder heute einen der umsatzstärksten eBay Shops aus Sachsen-Anhalt. Und die ganze Familie packt mit an, auch Sohn Lucas. Zunächst schnupperte er bei Inventur- oder Pack-Arbeiten zu Weihnachten im Betrieb der Mutter. Sein Faible für Musikproduktion ergab schließlich, dass er für die musikalische Untermalung aller anndora Produktvideos sorgt.
Bettina Leisten Rodriguez
Als zweifache Mutter kennt Bettina Leisten Rodriguez sich mit den Kleinsten bestens aus. Was mit dem privaten Verkauf gebrauchter Markenkleidung für Kinder begann, ist heute der wahr gewordene Traum vom eigenen Business. Mit Kids-Comfort verkauft sie erfolgreich Kinderartikel in einem hart umkämpften Markt. 2005 startete der Verkauf in ihrem eBay Shop. Heute zählt die Unternehmerin auch ein 4.000 m² großes Ladengeschäft und einen eigenen Online-Shop zu ihrem Multichannel-Angebot. Vom nordrhein-westfälischen Übach-Palenberg aus, versteht sie es, mit ihrem 15-köpfigen Team qualitätsbewussten Eltern auf allen Kanälen und weit über Deutschland hinaus tollen Support zu bieten. Dabei ist nicht nur das Geschäft international ausgerichtet, auch die Wurzeln der Team-Mitglieder führen in verschiedene Länder: Deutschland, Spanien, Portugal, Marokko, die Türkei und Russland sind darunter.
Andrea Gönner
Mutter und erfolgreiche Unternehmerin zugleich? Eine Herausforderung, die nicht viele meistern. Andrea Gönner hat es mit Garnwelt und ihren drei Kindern geschafft. Das Beeindruckendste: Wenn sie über ihr Geschäft spricht, merkt man gleich, wie froh und dankbar sie über den Erfolg von Garnwelt ist. Schließlich hätte diese Geschichte für sie und ihren Mann Hans auch anders laufen können. Vor wenigen Jahren mussten sie die Produktion von Strickwaren aufgeben. Bei eBay sollten lediglich Restbestände feinster Garne abgewickelt werden. Was dann passierte: Das Geschäft explodierte in kürzester Zeit, die Gönners hatten direkten Zugang zu ihrer neuen Zielgruppe. „Der Verkauf bei eBay lief mehr oder weniger sofort, was uns ziemlich überraschte und ein halbes Jahr später kam bereits das Ladengeschäft dazu.“ Heute gilt Garnwelt als einer der führenden Online-Anbieter für Handarbeitszubehör, beschäftigt im Winter bis zu 50 Mitarbeiter, größtenteils Mütter mit Kindern, und verzeichnet einen Umsatz von knapp vier Millionen Euro jährlich.