Für 12 Tage konnten Twitter-Aktionäre träumen: Endlich schienen sich die Übernahmespekulationen zu konkretisieren, endlich schien der nun schon fast dreijährige Börsenalbtraum mit eineinhalb blauen Augen zu Ende zu gehen. Von in der Spitze 70 Dollar stürzte die Twitter-Aktie bis auf weniger als 14 Dollar ab – ein Minus von 80 Prozent. Dann ging es – zumindest prozentual – genauso in die andere Richtung: Aus 14 Dollar wurden bis gestern nach zu Handelsschuss 25 Dollar.
Zumindest der Ausgabepreis von 26 Dollar war wieder zum Greifen nahe – im Falle eines Wettbietens schien noch andere Notierungen möglich, endlich war die Twitter-Aktie wieder ein Überflieger und lag sogar zwischenzeitlich seit Jahresbeginn um acht Prozent vorne. Dann folgte die harte Realität des nachbörslichen Handels: Gleich dreimal wurde Twitter schwer getroffen.
Twitters Übernahme-Hoffnungen kollabieren binnen Stunden: Weder Google noch Disney bieten
Am schwersten wog Kara Swishers Exklusivmeldung auf re/code, dass Google kein Interesse an einer Übernahme habe. Der wertvollste Internetkonzern wurde bis dato als wahrscheinlichster Bieter betrachtet: Der Internetriese könnte Twitter mit nicht einmal einem Drittel seiner 75 Milliarden Dollar großen Barreserven bezahlen und bekäme endlich einen Zugang zur Social Media-Welt und einen idealen Distributionskanal für YouTube. Es sah nach der perfekten Übernahme aus – allein: Google will nicht.
Nachdem Verizon frühzeitig sein Interesse dementiert hatte und Microsoft nach der 26 Milliarden Dollar teuren Übernahme von LinkedIn wohl kaum vier Monate später eine Akquisition in dieser Größenordnung anstreben wird, ruhten die Hoffnungen nun auf dem Medienriesen Disney, dessen CEO Bob Iger seit drei Jahren in Twitters Aufsichtsrat sitzt.
Eine Stunde nach Googles Rückzug später folgte die nächste Hiobsbotschaft für Twitter: re/code berichtete, dass auch Disney kein Gebot abgeben werde.
Twitter für Salesforce wohl nicht bezahlbar
Womit sich der Kreis der möglichen Käufer binnen wenigen Stunden auf einen möglichen Bieter verengt hatte: E-Commerce-Plattform-Anbieter Salesforce. CEO Mark Benioff hatte aus seiner Bewunderung von Twitter zwar zuletzt keinen Hehl gemacht, sich gegenüber Marktkommentator James Cramer auf CNBC jedoch äußerst zurückhaltend geäußert.
Aus gutem Grund: Die Übernahmegerüchte hatten Salesforce zuletzt mehr als 10 Prozent an Börsenwert gekostet. Bei einem Börsenwert von 48 Milliarden Dollar würde Salesforce mit einer Übernahme von 20+ Milliarden Dollar ein unternehmerisches Risiko mit ziemlich offenem Ausgang eingehen.
Binnen wenigen Stunden haben sich damit so ziemlich alle derzeit erkennbaren Übernahmeoptionen für Twitter schon wieder in Luft aufgelöst: Die Ankündigung, bis Ende Oktober über einen Verkauf entscheiden zu wollen, erscheint inzwischen wie eine Fata Morgana – ohne Gebote kein Verkauf. Die Folge: Wall Street ließ Twitter-Aktie so schnell wieder fallen wie sie zuletzt gestiegen war: Um exakt 5 Dollar je Aktie bzw. 20 Prozent stürzten die Anteilsscheine des Kurznachrichtendienstes heute wieder auf unter 20 Dollar ab.
Ohne Drama geht es wohl nicht bei Twitter….