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Als das erste iPhone am 29. Juni 2007 in den USA für stolze 599 Dollar inklusive eines 2-Jahresvertrags bei AT&T in Handel kam, schlug für den damals bereits sagenumwobenen Kultkonzern aus Cupertino die eigentliche Stunde Null.
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Sicher: Steve Jobs hatte den angeschlagenen Techpionier in seiner zweiten Amtszeit vor der Pleite bewahrt, mit dem iMac wieder auf die Spur gebracht, mit dem iPod einen Überraschungshit gelandet und beim Börsenwert an der Wall Street gerade die 100-Milliarden-Dollar-Marke durchbrochen.
599 Dollar für ein Smartphone mit Vertrag: Steve Ballmer lachte laut, doch Apple lachte lauter
Doch dass die mit Abstand besten Zeiten noch vor Apple liegen sollten, ahnte am Vorabend des iPhone-Verkaufsstarts im Juni 2007 niemand. Obwohl der Hype um das „Jesus Phone“ ein halbes Jahr nach der Enthüllung durch Steve Jobs groß war, war die Skepsis, ob Apple mit seinem teuren, tastenlosen Telefon den Massenmarkt würde erobern können, noch größer. Der damalige Microsoft-CEO Steve Ballmer lachte laut, doch am Ende sollte Apple die Lacher auf seiner Seite haben.
742 Prozent Plus in zehn Jahren: Das sind die Dimensionen, in denen sich die Wertschöpfung des iPhones an der Wall Street messen lässt. Bei splitbereinigten 17,43 Dollar notierte Apple nach durchaus bereits stattlichen Zuwächsen im ersten Halbjahr 2007 – eine Dekade später sind es 145,83 Dollar. Nun gibt es fraglos Tech- und Internet-Aktien, die Aktionären im gleichen Zeitraum üppigere Zuwächse beschert hätten – Amazon, Netflix und sogar Google etwa: Was bei Apple indes beeindruckt, ist der enorme Wertzuwachs in der Marktkapitalisierung, der durch ein einzelnes Produkt geschaffen wurde, das vor zehn Jahren noch gar nicht existierte.
10 Jahre iPhone: 1,2 Milliarden Geräte verkauft
1,2 Milliarden Einheiten seines Kultsmartphones hat Apple bis heute abgesetzt – und damit mehr Einheiten als jede Kult-Produkt in der Geschichte der Verbraucherelektronik – inklusive Sonys Walkman, der Playstation oder Nintendos Game Boy.
Noch beeindruckender ist indes die Profitmaximierung, die Apple mit dem iPhone gelungen ist, das bis heute eine Gewinnmarge von geschätzt 50 Prozent bewahrt hat. Enorme 136,7 Milliarden der Gesamtumsätze von 215 Milliarden Dollar fuhr das iPhone im vergangenen Geschäftsjahr ein – das entspricht exorbitanten 63,5 Prozent. Der Anteil am Nettogewinn dürfte dank der hohen Gewinnmarge ungleich höher sein.
Weiter eklatant hohe Abhängigkeit vom iPhone
In anderen Worten: Apple ist die iPhone Company – mit teilweise nostalgischem Beiwerk (Mac), einer seit Jahren schrumpfsüchtigen Konzernsparte (iPad), einem Servicekonglomerat (iTunes, Apple Music, App Store, iCloud) und unklaren „Anderen Produkten“ (Apple Watch, Apple TV), die ihr Zukunftsversprechen bislang nicht eingelöst haben. Gäbe es das iPhone nicht, wäre Apple ein Technologiebörse-Unternehmen mit mutmaßlich mindestens 500 Milliarden Dollar weniger Börsenwert, schließlich würde der iKonzern auch nicht auf Cashbeständen von einer Viertelmilliarde Dollar (vor Schulden) sitzen, die praktisch im Alleingang durch das iPhone angehäuft wurden. Entsprechend verständlich erscheint es, dass Apple-Chef Tim Cook auf Gedeih und Verderb das Erbe seines Mentors Steve Jobs zu verteidigen versucht. Das iPhone wird von Jahr zu Jahr immer wieder ausgereizt, selbst wenn die Veränderungen der Updates von Jahr zu Jahr marginaler erscheinen.
iPhone-Evolution: Erstaunlich wenige Veränderungen in zehn Jahren
Natürlich lässt das mutmaßliche iPhone 8 als Designwunderwerk mit vermutlich randlosem Display das Original-iPhone technisch wie Smartphone aus der Vorzeit erscheinen, doch in seiner Bedienung und Handhabung hat sich in den vergangenen zehn Jahren bemerkenswert wenig verändert. Nutzer starren immer noch wie in den ersten Monaten 2007 gebannt auf das tastenlose Display und verbringen Stunden damit, auf einem Stück Glas herumzuwischen (und inzwischen, 3D Touch sei dank, zu drücken). Die Veränderungen in der iPhone-Evolution sind tatsächlich immer kleiner geworden.
Entsprechend befindet sich Apple vor dem mit Spannung erwarteten Launch seines generalüberholten Flaggschiff-iPhones im September in einer skurrilen Situation. Einerseits dürfte der iKonzern dank der aufgestauten Nachfrage im Zuge der wenig innovativen drei (!) Vorgängermodelle im kommenden Geschäftsjahr vor einem neuen Superzyklus stehen, der bis weit ins nächste Jahr hineinreichen könnte.
Findet Apple das nächste „One more Thing“ nach dem iPhone?
Andererseits wird immer deutlicher, dass der nächste große technologische Quantensprung das iPhone eines Tages obsolet machen könnte. „In zehn Jahren wird dein iPhone kein iPhone mehr sein“, bringt das Wall Street Journal den kommenden Paradigmenwechsel auf den Punkt. Tim Cooks Herkulesaufgabe besteht nun darin, das iPhone-Wachstum, solange es nur irgend geht, weiter auszureizen, andererseits aber irgendwann das nächste „One more Thing“ zu präsentieren, das eine AR-Brille sein könnte.
Gemessen an den Zukunftswetten in den Bereichen der künstlichen Intelligenz, virtuellen und Augmented Reality, ist das Rennen um das nächste Big Thing indes vollkommen offen bzw. Apple nicht in der natürlichen Pole-Position, wie die Turbulenzen bei der Entwicklung des iCars beweisen.
Post-iPhone-Ära: Welt der auflösenden Haptik
Zeit seiner 41-jährigen Unternehmenshistorie war Apple immer eine Design Company, der es gelungen ist, das Gefühl des guten, des besseren Lebens mit einem Verbraucherelektronikprodukt zu einem (über-)teuren Preis zu verkaufen. In einer Welt, die sich zunehmend von der Haptik löst, konkurriert Apple irgendwann im Bereich der Augmented und Virtual Reality mit 3D und 4D-Erfahrungen, die das schicke, 138 Gramm schwere Smartphone-Juwel designed in California wie einen Anachronismus erscheinen lassen.
So sehr Apple sich zum zehnjährigen Jubiläum seines erfolgreichsten Produkts aller Zeiten noch einmal selbst feiern kann, so zweifelhaft erscheint doch die Wiederholung dieses Erfolgs.