Herr Wiewer, warum steckt E-Mail-Marketing bei vielen Unternehmen noch in der Pubertät?
VOLKER WIEWER: Viele deutsche Unternehmen haben mit Email-Marketing zwar schon erste Erfahrungen gesammelt, aber noch keine Ahnung davon, wo es später mal hingehen soll. Das liegt hauptsächlich daran, dass viele Marketing-Verantwortliche dem Motto folgen: „Es läuft ja erst mal“, und deshalb den progressiven Fortschritt im Marketing hinten anstellen. Gerade in Bezug auf E-Mail-Marketing ist das ein großer Fehler, wenn man bedenkt, dass dieses Medium, vorausgesetzt richtig eingesetzt, einen ROI von 45 Dollar je eingesetztem Werbedollar erwirtschaften kann. Fortschrittliches E-Mail-Marketing ist mehr als das einfache Versenden eines herkömmlichen Newsletters. Mittlerweile lässt sich die Kundenkommunikation mittels fokussierter E-Mail-Kampagnen ausgefeilt steuern. Enormes Wachstum entsteht durch den technischen Fortschritt. Die E-Mail-Marketing-Programme in Deutschland werden gerade „erwachsen“. Sie bieten die Integration mit Webanalyse, automatisierte E-Mail-Kampagnen, die Ansprache verschiedener Kundensegmente wie auch die Verknüpfung mit Social-Media.
Was sollen Unternehmen im B-to-B-Bereich tun, die bislang an ihre Kunden einfach nur einen Newsletter verschickt haben?
WIEWER: Gerade im B-to-B-Bereich sollte E-Mail-Marketing gezielt zur Kundenbindung eingesetzt werden. „Stand Alone –Kampagnen“ zu Produktangeboten, Events, etcetera oder automatisierte Anstoßketten zur gezielten Reaktion auf das Kundenverhalten sind hier wichtige Ergänzungen zum allgemeinen Newsletter. Wichtig ist dabei die Segmentierung. Demografische Kriterien sind notwendig, um eine Zielgruppe zu definieren und zu selektieren: Branche, Firmengröße nach Umsatz oder Mitarbeiterzahl, Funktion, Titel und Abteilung ermöglichen die Ansprache mit der richtigen Mail zur richtigen Zeit. Natürlich können auch Neukunden mit Kampagnen gezielt angesprochen werden. Bei Entscheiderkreisen ist es wichtig, Vertrauen aufzubauen und sich schrittweise per E-Mail zu nähern (Leadwarming).
Ein Wachstumstreiber sind E-Mail-Programme. Was müssen gute E-Mail-Programme leisten?
WIEWER: Das Medium E-Mail ändert sich evolutionär – was mit einem einfachen Newsletter mit denselben Inhalten für alle Empfänger begann, steht jetzt vor dem nächsten Entwicklungsschritt. Taktgeber sind Branchen wie der Versandhandel oder Touristikunternehmen, die umfangreiche E-Mail-Marketing-Programme nutzen. Neben dem klassischen Newsletter-Format kommen in derartigen Programmen alle Spielarten des E-Mail-Marketings wie automatisierte Willkommens-Strecken vor. Da diese Programme – oder auch Strategien – hochgradig automatisiert ablaufen, lohnt sich der Einsatz für jedes Unternehmen. Die ohnehin chronisch überarbeiteten Marketing-Abteilungen werden entlastet und Fehler werden reduziert.
Bitte nennen Sie uns ein Beispiel für sehr gutes E-Mail-Marketing.
WIEWER: Nervennahrung – so heißt der neue Stresshelfer aus dem Hause Loren. Um den Produktlaunch besonders effizient zu gestalten, setzte der Snackanbieter erstmals E-Mail-Marketing ein. Wir entwickelten gemeinsam mit der Agentur Neteye eine kreative – und wie sich später zeigte auch äußerst wirksame – Online-Kampagne. Die E-Mail-Marketing-Spezialisten aus München übernahmen die Kreation des Newsletters, den Kampagnentest und auch den Versand. Wir stellten die passenden E-Mail-Adressen der Zielgruppe zur Verfügung.
Die Kampagne mit den nervenaufreibenden Fun-Videos wurde an insgesamt 860 000 urbane, trendige Frauen und Männer zwischen 25 und 30 Jahren mit einem Nettohaushaltseinkommen von 2500 Euro und mehr verschickt. Wer mehr über die neue Nervennahrung erfahren wollte, gelangte über einen in der Mail auffällig platzierten Link direkt auf die interaktive Webseite „www.nervennahrung.net“. Darüber hinaus wurde ein Gewinnspiel integriert, das mit einem Samsung Netbook als Hauptgewinn sowie einigen Snack-Paketen zum Mitmachen animierte.
Um ein schnelles Löschen der E-Mail zu verhindern, hatten wir im Vorfeld einen Betreffzeilen-Test durchgeführt. Spitzenreiter war die schlichte Betreffzeile „Genervt?“, mit der die Kampagne letztendlich auch versendet wurde – und das mit einer hervorragenden Öffnungsrate von 43 Prozent! Gegenüber der Betreffzeile, die beim Test am schlechtesten abschnitt, war dies eine Steigerung von knapp 40 Prozent. Insgesamt konnten über das Mailing mehr als 40 000 Klicks verzeichnet werden.
Die Fragen stellte Sandra Fösken.
Mehr Informationen gibt es unter:
www.ecircle.com